Mehr Transparenz im Rollenspielmarkt

In den letzten Stunden gab es hier und da (teils hitzige) Diskussionen rund um die Transparenz in diesem Markt: So anstrengend die Auseinandersetzung auch ist, sie ist vollkommen richtig und muss geführt werden.

Warum ist das so?

Das Internet erlaubt heute eine mehr oder weniger anonyme Vorgehensweise. Wer wirklich anonym bleiben oder eine Scheinidentität aufbauen will, der kann das im Internet einfacher denn irgendwo sonst.

Es ist schnell ein Blog eröffnet – unter falschem Namen – die Seite im Ausland auf einem Server betrieben und los geht es.

In jedem Forum kann man schnell einen Nick erstellen, eine Freemailer-Adresse hinterlegen und munter drauf los poltern.

Und dann gibt es noch die unbekümmerte Version, wenn man einfach im Strudel der weitläufigen Verflechtungen quasi anonym ist. Selbst wenn auf meiner Seite beispielsweise steht, wie ich heiße, weiß man immer noch nicht, wer ich “bin”. Bin ich ein “Fan”? Bin ich ein “Autor”?

Das gleiche, dann ein paar Nummern schärfer, haben wir auch im “Offline”-Bereich. Wer gibt bei uns Rollenspielzeitschriften heraus? Wer schreibt dort Artikel? Wer macht was. Oder ganz schlimm: Werden Werbeanzeigen als Rezensionen getarnt? Und vieles mehr.

Aber warum schert es uns überhaupt?

Die Antwort ist recht simpel. Durch das Internet (und die anderen Medien) wird heute Meinung gemacht. Und die hat auch eine wirtschaftliche Komponente – und damit direkten Einfluss auf unseren Markt: Welches Produkt man vorzieht, hängt in der Regel von den Bewertungen ab, den Rezensionen und Stimmen in Foren.

Das ist vom Grundsatz her auch nicht falsch, wenn denn mit offenen Karten gespielt wird. Transparenz ist das wichtige Schlagwort.

Wir im Rollenspielmarkt sind leider besonders gefährdet. Es ist ein kleiner Markt und es gibt ein paar wenige, die “machen”, und die meisten betreiben es als “Hobby” – da kann und sollte man auch ein paar Gänge zurückschalten. Aber selbst hier kann man wenigstens bewusster an das Thema herangehen.

Und dann gibt eben auch noch echte Profis auf dem Markt.

Das ist mir zu wirr geschrieben, worum geht es denn nun?

Nehmen wir als Beispiel meinen Blog. Dort schreibe ich hauptsächlich über mein Hobby Rollenspiele – aber aus meiner Autorensicht. Das sollte aus meinen Beiträgen ersichtlich werden, wenn ich schreibe “aus meiner Feder“. Das ist meines Erachtens so weit erst mal vollkommen in Ordnung. Man erkennt, wer ich bin und kann meine Wertungen richtig zuordnen. Warum soll ein Autor nicht bloggen dürfen?

Stellen wir uns aber nun als Beispiel vor, ich würde eine Rezension zu einem anderen Rollenspiel schreiben – prekärer Weise auch noch eines, dass thematisch in Konkurrenz steht.

Jetzt gibt es mehrere Gedanken dazu:

Der Erste wäre – ist das moralisch korrekt? Ich meine grundsätzlich… ist es in Ordnung über ein Konkurrenzprodukt zu schreiben? Selbst wenn es vermeintlich “positiv” ist. Ich könnte schließlich zwischen den Zeilen etwas transportieren oder ein ganz anderes Motiv haben. Selbst wenn ich mich “neutral” fühle und mein Bestes gebe “objektiv” zu sein. Kann man das überhaupt?

Der zweite Gedanke: Wenn ich das mache, müsste ich dann nicht deutlich im Artikel schreiben, dass ich (wahrscheinlich) ein “Mitbewerber” bin? Es irgendwie kenntlich machen? Müsste das dann im Beitrag selbst geschehen oder in deutlichem Zusammenhang?

Wie komme ich auf diese Idee? Ich glaube das oft nach einem Produktnamen “gegoogelt” wird und man von den Suchmaschinen einen Direktlink zur Rezension erhält. Dann sieht man natürlich die anderen Beiträge nicht. Der Kontext fehlt, aus denen ich dann vielleicht die “Konkurrenz” erkennen könnte.

Ich meine, dass man nicht andere Produkte rezensieren sollte. Ich überlege, ob es nicht sogar richtig wäre, die Position zumindest im Header des Blogs immer deutlich zu machen. So könnte bei mir oben auf dem Seitenkopf stehen “Spieleautor” oder “Autor”. Das würde doch schon ausreichen, dass man meine Meinung besser einsortieren kann.

Stopp. Gilt das nur für Autoren?

Was ist eigentlich mit den “Supportern”? Was ist mit tatsächlichen Angestellten eines Verlages?

Sie alle haben ein mehr oder weniger wirtschaftliches Interesse. Wir reden nicht über Fanboys, sondern welche, die Geld oder geldäquivalente “Punkte” dafür erhalten. Die einen viel, die anderen wenig.

Mir ist bis heute nicht ein (!) Euro für meine Tätigkeit zugeflossen. Stattdessen habe ich Geld und Zeit investiert. Es ist mein Hobby, ich mache es gerne.

Und? Darf ich jetzt unter dem Mantel der scheinbaren Neutralität über Mitbewerber-Produkte schreiben?

Ich meine: Nein.

Ist das ein Scheinproblem?

Was in den Blogs anfängt, schwelt und brennt in “Zeitschriften” und “TV-Shows”. Wenn dort munter rezensiert wird, aber man gar nicht “neutral” ist, sollte das dort doch auch sichtbar sein, oder? Idealerweise wird so etwas gar nicht erst betrieben, oder?

Was ist damit gemeint?

Nehmen ich mich selbst nochmal als Beispiel.

  • Wäre es in Ordnung, wenn ein ich eine Zeitschrift herausbrächte – darin Produkte rezensieren würden, etc.?
  • Wäre es in Ordnung, wenn ich ein Rezensionsportal betriebe?
  • Wäre es in Ordnung, wenn ich eine Rezensions-TV-Show unterhalten würde?
  • (…)

Lasst uns gemeinsam über Transparenz reden und sie einfordern.

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7 Antworten auf Mehr Transparenz im Rollenspielmarkt

  1. craulabesh sagt:

    Hallo Sebastian,

    Ist auf jeden Fall ein Thema. Eigentlich sollten Interessen schon ersichtlich sein. Es ist ja wichtig, den anderen einschätzen zu können. Und im Falle deiner Statistiken war es so, dass ich auf sie gekommen bin, ohne deinen Blog zu kennen und ihn und dich nicht einschätzen konnte. Es wirkte so, als wenn du selbst erst mal nichts mit den Statistiken zu tun hattest.

    Wenn man dann sieht, dass Aborea da sehr weit oben ist und sich das nicht mit den eigenen Erfahrungen deckt und man dann nach und nach „entdeckt“, dass du der Autor von Aborea bist, dann fühlt man sich wie ein investigativer Journalist, der dich gerade bei irgendwas erwischt – auch wenn du denkst, dass diese Dinge offen und transparent sind. Der Schaden ist angerichtet. Transparenz kann in solchen Fällen also ein Schutz sein für dich.

    Andererseits lehne ich den Klarnamenzwang von G+ usw. ab. Es gibt ja auch den Wert von Meinungsfreiheit, Dinge posten zu wollen, ohne ständig drüber nachdenken zu müssen, ob der Arbeitgeber das lesen kann, gerade im Hobbybereich. Da ist es dann auch ein Unterschied, ob man Hans Schmidt heißt, oder Pelle Torben Sören Schmidt-Neugebauer. Gut Nicknames ermöglichen Manipulation, ist aber der Preis für den Spaß.

    • Sebastian sagt:

      Jetzt ist das Veröffentlichen von Zahlen in meinen Augen sogar noch recht unkritisch: Es handelt sich dabei um für jeden nachprüfbare Zahlen – der Amazon-Verkaufsrang kann auf Amazon eingesehen werden, die Interpolation auf Verkaufszahlen auf Novelrank. Dahinter steckt keine Meinung oder Wertung. Trotzdem hast Du recht – da ist es Selbstschutz.

      Aber was wäre, wenn ich Rezensionen veröffentlichen würde – also Meinungen zu anderen Spielen, etc.? ((Nicht das ich das vorhätte :-) ))

      Aber man muss doch die Frage stellen, ob das grundsätzlich in Ordnung ist.

      Was wäre wenn ich eine Zeitschrift herausbrächte?
      Oder eine Rezensions-Portal betreiben würde?
      Wie wichtig ist hier die Transparenz?

      Nehmen wir doch mal M – er schreibt Rezensionen zu Produkten, die aus einem Verlag stammen, mit dem er “verbunden” ist (er steht bei denen am Stand, supportet, ist Autor bei dem Verlag), oder zu anderen (Konkurrenz-?) Produkten. Ist das ausreichend transparent, weil im Impressum sein Name steht? Oder sollte dort auf seinem Blog auch stehen “Autor”? Sollte er vielleicht nicht besser gar keine Rezensionen schreiben?

      Was ist mit dem XXXXXX – der zugleich eine Zeitschrift herausgibt?

      Davon gibt es noch viele weitere Beispiele. Sollten das nicht transparent sein? Und wenn ja, wie sehr?

      Um das nochmal zu betonen: Es geht mir nicht darum eine Klarnamenpflicht einzuführen. Kritisch wird es erst, wenn man zu einer Interessengruppe (wirtschaftlich) gehört, oder?

  2. craulabesh sagt:

    Das Problem ist, es gibt keine objektiven Wahrheit da draußen, Statistik tut aber so als ob. Deswegen ist es Pflicht, da genau zu sein, Daten, Methode, Titel (-> Deutung), wie man dazu kam usw. Und wenn man was davon nicht weiß, wie die Methode in dem Fall, dann auch klarmachen, dass man nicht genau weiß, was am Ende gemessen wird.

    Unterschätz das mal nicht, was die „bessere“ Rezension ist: eine Statistik, die vermeintlich beweist, wie „gut“ und beliebt etwas ist oder ein kleiner Text mit einer Meinung, für den viele schon keine Zeit zum Lesen haben…

    Von mir aus ist das Thema aber erst mal geklärt, wenn du dich darüber hier oder per Mail unterhalten willst, stehe ich zur Verfügung.

  3. greifenklaue sagt:

    Wie Moritz (Mehlem) so schön auf dem Feencon-Podcast der Söhne Sigmars sagte, jeder der irgendwie Herzblut in der Szene hat, ist auch irgendwo involviert. Da hat er nicht unrecht, denn es ist heutzutage so, dank Internet, aber auch dank der Übersichtlichkeit des Marktes, dass die Grenze zwischen Fans und Verlägen fließend ist. Natürlich kann / sollte man drauf aufmerksam machen, inwiefern man involviert ist, andererseits war das nun kein Geheimnis, wer hinter diesem Blog steht. Kritischen Abstand sollte man auch vom Leser erwarten können, zumindest glaub ich nicht, dass nur ein Rollenspielprodukt mehr verkauft wurde, wegen der Statistiken hier im Blog … Was eigentlich ja schade ist!

  4. grnf sagt:

    niemand rezensiert neutral, transparenz ist in der tat wichtig. im fraglichen fall unter den text einfach einen hinweis setzen, etwa:

    offenlegung: ich bin autor/supporter von rollenspiel x, das als konkurrenzprodukt von rollenspiel y angesehen werden kann.

  5. Jonas sagt:

    Meines Erachtens wäre es okay, wenn du Rezensionen schreiben würdest. Problematisch würde es, wenn du ein Rezensionsportal oder eine Zeitschrift aufbaust, und für die Leserschaft unsichtbar (und womöglich unbewusst) bestimmte Meinungen ausgrenzt – die Rezension eines anderen nicht veröffentlichst, weil sie dir nicht passt etc. Solche Einflüsse wären von außen schwer oder überhaupt nicht erkennbar. Aber solange ich als Leser mit geringem Suchaufwand Informationen darüber finde, wer hinter einer Meinung steht, und sie dadurch “verorten” kann, ist das in Ordnung. Das Problem, das du skizzierst, besteht meiner Meinung nach weniger auf Seiten dessen, der eine Meinung veröffentlicht, sondern bei demjenigen, der sie unkritisch übernimmt und weiterverbreitet. Das Internet macht solche Übernahmen besonders einfach (Link setzen, Beitrag “teilen” u.Ä.). Transparenz ist daher nur die eine Seite der Medaille (und wenn bei deinem zukünftigen Rezi-Portal die Info steht, dass du nur solche Rezis veröffentlichst, die dir in den Kram passen, ist mir das transparent genug). Die andere Seite ist, dass die Leserschaft (die eben nicht nur rezipiert, sondern im Internet häufig auch “multipliziert” und mit-publiziert) darauf achtet, aus “welcher Ecke” die Meinungen kommen, denen man begegnet. Und wenn man einen Text verlinkt oder sonstwie weiterverbreitet, sollte die Transparenz nicht verloren gehen. Leichter gesagt als getan, ich weiß. :)

  6. Athair sagt:

    Transparenz ist für mich ein sehr hohes Gut.
    Es hilft dem Leser die Dinge einschätzen zu können.

    Stellen wir uns aber nun als Beispiel vor, ich würde eine Rezension zu einem anderen Rollenspiel schreiben – prekärer Weise auch noch eines, dass thematisch in Konkurrenz steht. Sofern das in der Einleitung der Rezension erklärt wird, ggf. unter Erläuterung der Motivation die Rezension zu schreiben, sehe ich kein Problem.
    Solche Rezensionen mit besonderem Blickwinkel sehe ich als Bereicherung, weil der Autor auf Dinge eingehen kann, die andere nicht auf dem Schirm haben/haben können.
    Als ich damals Abenteuer! von Norbert M. Matausch rezensiert habe, war mir wichtig vorneweg klarzustellen, dass es eine gewisse Verbindung zu dem Autoren gibt.
    http://zauber–ferne.blogspot.de/2012/05/hinein-ins-abenteuer.html

    Heute würde ich auf jeden Fall noch die Rezension von S. Ohrmann zum selben Spiel verlinken.
    http://www.stefan-ohrmann.de/blog/archives/26-Ich-erzaehle-euch-von-Abenteuer!.html

    Ich überlege, ob es nicht sogar richtig wäre, die Position zumindest im Header des Blogs immer deutlich zu machen. Ich mag ja, was in englischsprachigen (OSR-)Blogs gern gemacht wird: Eine Liste von Produkten an denen der Blog-Autor mitgearbeitet hat. (Bei dir könnte etwas Ähnliches über einen Reiter “Meine Spiele” neben “Home” passieren.)

    Was die Supporter-Frage angeht: Wenn er der Meinung ist seine Verbindungen zu Verlag XY könnten seine Rezension beeinflussen (auch wenn das nur den Blickwinkel auf das Spiel betrifft), dann soll er er kenntlich machen.

    Ich find ja auch, dass in eine Rezension gehört, ob man das Werk als kostenloses Rezi-Exemplar bekommen hat.

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